Viele Menschen kommen ins Coaching mit dem Wunsch, unan­ge­nehme Gefühle wie Angst, Wut oder Hilf­lo­sig­keit loszu­wer­den. Doch je mehr wir versu­chen, diese Emotio­nen zu kontrol­lie­ren oder zu unter­drü­cken, desto stär­ker werden sie. Unser Körper reagiert, der Druck steigt, und die innere Anspan­nung wächst.

Gefühle sind keine Stör­fak­to­ren – sie sind Signale. Sie zeigen uns, was uns wich­tig ist, wo wir verletz­lich sind und welche Bedürf­nisse uner­füllt blei­ben. Genau hier setzt der NARM™-Ansatz an: nicht, um Gefühle „wegzu­ma­chen“, sondern um Menschen wieder mit sich selbst zu verbin­den.

Wie Gefühle entstehen – und warum frühe Erfahrungen wichtig sind

Unsere Fähig­keit, Emotio­nen wahr­zu­neh­men und zu regu­lie­ren, entwi­ckelt sich in den ersten Lebens­jah­ren – lange bevor wir Spra­che oder ein Bewusst­sein für unsere Gefühle haben.

Kinder lernen über Bezie­hung, welche Gefühle „erlaubt“ sind. Erwach­sene reagie­ren manch­mal mit Über­for­de­rung oder Distanz („Reiß dich zusam­men“). Das Kind lernt, Gefühle zu verdrän­gen oder abzu­spal­ten – eine Anpas­sung, die später im Leben zu inne­rer Leere, Angst oder Selbst­zwei­feln führen kann.

Der Neuro­bio­loge Gerald Hüther beschreibt: Emotio­nale Selbst­re­gu­la­tion entsteht durch Reso­nanz – durch Verbin­dung, nicht durch Kontrolle. Genau hier setzt NARM™ an.

Der NARM™-Ansatz: Verbindung statt Optimierung

NARM™ (Neuro­af­fek­ti­ves Bezie­hungs­mo­dell) nach Dr. Laurence Heller bietet einen tief­grei­fen­den Weg, Emotio­nen zu verste­hen. Im Coaching geht es nicht darum, Gefühle zu besei­ti­gen. Statt­des­sen lernen Menschen:

  • Wie zeigt sich ein Gefühl im Körper?
  • Welche Bedeu­tung hat es im Hier und Jetzt?
  • Welches Bedürf­nis oder Schutz­me­cha­nis­mus liegt darun­ter?

Verän­de­rung entsteht, wo wir bewusst mit uns selbst in Kontakt kommen – nicht durch Analyse, sondern durch Erfah­rung.

Ein Praxisbeispiel: Angst vor öffentlichem Sprechen

Eine Klien­tin kam mit der Angst, vor Menschen zu spre­chen. Sie wollte, dass die Angst verschwin­det. Doch je mehr sie versuchte, sie zu kontrol­lie­ren, desto stär­ker wurde sie: Herz­klop­fen, Enge, Zittern.

Im Coaching geschah etwas Entschei­den­des: Plötz­lich brachte die Klien­tin biogra­fi­sche Szenen ein – Momente aus ihrer Kind­heit, in denen sie sich abge­lehnt oder nicht gese­hen fühlte. Sie erkannte, dass die Angst vor öffent­li­chem Spre­chen eng mit dem Bedürf­nis nach Zuge­hö­rig­keit verbun­den war – zugleich wollte sie ihren eige­nen Gestal­tungs­raum wahren.

Indem sie lernte, diese Scham und die Verletz­lich­keit mit Mitge­fühl zu betrach­ten, löste sich die Angst Schritt für Schritt. Es war keine Tech­nik, die Verän­de­rung bewirkte, sondern die neue Bezie­hung zu sich selbst: Akzep­tanz wurde zur Basis für Leben­dig­keit und Selbst­be­stim­mung.

Die Dynamik hinter Gefühlen verstehen

Hinter offen­sicht­li­chen Emotio­nen wie Angst, Wut oder Hilf­lo­sig­keit verste­cken sich oft verletz­li­che Gefühle: Trau­rig­keit, Sehn­sucht, Bedürf­tig­keit. Schutz­me­cha­nis­men, die früher lebens­wich­tig waren, können im Erwach­se­nen­al­ter hinder­lich sein.

NARM™ arbei­tet ressour­cen­ori­en­tiert und sanft: Schutz­me­cha­nis­men werden bewusst gemacht, nicht bekämpft. Nur wenn unser Nerven­sys­tem Sicher­heit erfährt, kann echte Inte­gra­tion statt­fin­den – ein Ansatz, der auch die Erkennt­nisse der Poly­va­gal-Theo­rie berück­sich­tigt.

Warum NARM™ heute relevant ist

In einer Zeit perma­nen­ter Reiz­über­flu­tung, Unsi­cher­heit und Beschleu­ni­gung sind viele Menschen äußer­lich funk­tio­nal, inner­lich aber abge­schnit­ten – von Körper, Gefüh­len und Leben­dig­keit.

NARM™ zeigt Wege, wieder in Kontakt mit sich selbst zu kommen, die eige­nen Gefühle zu verste­hen und eine acht­same Bezie­hung zu sich selbst zu entwi­ckeln – auch in heraus­for­dern­den Situa­tio­nen.

Fazit

NARM™-Coaching bedeu­tet nicht, sich zu verän­dern, sondern sich selbst wieder zu spüren. Es ist ein Prozess der Selbst­be­geg­nung, jenseits von Kontrolle und Opti­mie­rung. Wenn wir aufhö­ren, gegen unsere Gefühle zu kämp­fen, und begin­nen, ihnen zuzu­hö­ren, kehren wir zu unse­rer inne­ren Leben­dig­keit zurück. Der Fokus liegt auf Verbin­dung, Verständ­nis und Selbst­mit­ge­fühl – Grund­pfei­ler, die für emotio­nale Stabi­li­tät und persön­li­che Entwick­lung lang­fris­tig entschei­dend sind.