Heute Abend saß ich in der Waggonhalle in Marburg und erlebte Hans-Joachim Heist (bekannt aus der heute-show) bei einem lustigen Heinz-Erhardt-Abend. Zwischen all den herrlichen Wortspielen und Nonsens-Gedichten fiel ein Satz, der mich nicht mehr losließ: “Sie dürfen nicht alles glauben, was Sie denken!”
Heinz Erhardt hatte es schon erkannt: Unser Verstand ist ein fleißiger Geschichtenerzähler. Nur leider erfindet er manchmal mehr, als ihm guttut. Was der große Komiker mit einem Augenzwinkern formulierte, ist tatsächlich eine der wichtigsten Erkenntnisse für ein entspannteres Leben.
Beispiel: Du schickst jemandem eine Nachricht und erhältst keine Antwort. Sofort beginnt dein Kopf: “Die Person ist sauer auf mich. Ich habe etwas falsch gemacht. Sie will nichts mehr mit mir zu tun haben.” Stunden später stellt sich heraus: Der Akku war einfach nur leer.
Die Falle im Kopf
Unser Gehirn ist evolutionär darauf programmiert, Muster zu erkennen und Lücken zu füllen. Das war überlebenswichtig, als wir noch vor Säbelzahntigern fliehen mussten. Heute jedoch führt diese Fähigkeit oft dazu, dass wir aus wenigen Informationen ganze Dramen konstruieren und diese für bare Münze nehmen.
Die Folgen sind spürbar: Stress, Ängste, Konflikte und Fehlentscheidungen basieren häufig nicht auf der Realität, sondern auf unseren Interpretationen. Wir verwechseln unsere Gedanken mit Fakten.
Der Unterschied zwischen Denken und Wissen
Ein Gedanke ist zunächst nur ein Gedanke, wie eine Wolke am Himmel. Er kommt, er zieht vorüber. Problematisch wird es erst, wenn wir uns mit diesem Gedanken verheiraten und ihm ewige Treue schwören.
Beispiele aus dem Alltag:
- “Mein Chef hat mich nicht gegrüßt, er will mich bestimmt kündigen.”
- “Ich habe einen Fehler gemacht, ich bin ein Versager.”
- “Die anderen denken sicher, ich bin inkompetent.”
In all diesen Fällen verwandeln wir eine Beobachtung oder ein Gefühl in eine vermeintliche Tatsache. Doch zwischen “Ich denke, dass…” und “Es ist so, dass…” liegt ein gewaltiger Unterschied. Ungefähr so groß wie zwischen einem Heinz-Erhardt-Gedicht und Schiller oder Goethe.
Wie Coaching dabei hilft, Abstand zu gewinnen
Gutes Coaching schafft genau diesen heilsamen Abstand zu den eigenen Gedankenmustern. Durch gezielte Fragen lernst du:
1. Gedanken zu beobachten statt zu glauben Du lernst, deine Gedanken wahrzunehmen, ohne dich automatisch mit ihnen zu identifizieren. So wie du einen Film anschaust, ohne dich für den Regisseur zu halten.
2. Automatische Denkmuster zu erkennen Viele unserer negativen Gedanken folgen wiederkehrenden Mustern: Katastrophendenken, Schwarz-Weiß-Denken, Gedankenlesen. Im Coaching werden diese Muster sichtbar gemacht.
3. Realität von Interpretation zu trennen Was ist tatsächlich passiert? Was habe ich hinzugedacht? Diese Unterscheidung ist ein gutes Werkzeug für mehr Klarheit im Leben.
4. Alternative Perspektiven zu entwickeln Wenn ein Gedanke nicht die Wahrheit ist, sondern nur eine mögliche Sichtweise, welche anderen Perspektiven gibt es noch? Coaching öffnet den Raum für neue Betrachtungsweisen.
Praktische Übungen für den Alltag
Zwischen den Coaching-Sitzungen kannst du selbst aktiv werden:
Die Gedanken-Notiz Wenn du einen belastenden Gedanken bemerkst, notiere ihn und frage dich: “Ist das wirklich wahr?” Diese einfache Frage schafft bereits Distanz.
Der Reality-Check Frage dich: “Was weiß ich wirklich? Was habe ich hinzugedacht?” Trenne Fakten von Fantasie.
Die Alternative-Perspektiven-Übung Wenn dein Kopf dir eine Geschichte erzählt, frage dich: “Welche anderen Erklärungen könnte es noch geben?” Oft sind es mindestens drei bis fünf. Dein Verstand mag ein begabter Autor sein, aber er muss nicht immer das letzte Wort haben.
Die Freiheit im bewussten Umgang mit Gedanken
Du musst deinen Gedanken nicht glauben. Du bist nicht deine Gedanken, du bist die Person, die diese Gedanken wahrnimmt. Der Unterschied ist klein, aber entscheidend.
Mit dieser inneren Distanz gewinnst du:
- Mehr Gelassenheit im Umgang mit schwierigen Situationen
- Klarere Entscheidungen, die auf Fakten statt Ängsten basieren
- Bessere Beziehungen durch weniger Missverständnisse
- Mehr innere Ruhe und Lebensfreude
Was du mitnehmen kannst
Heinz Erhardts humorvolle Weisheit ist eine Einladung zu mehr Bewusstheit. Deine Gedanken sind wertvolle Wegweiser, aber nicht die Straße selbst. Und manchmal zeigen sie auch in die völlig falsche Richtung.
Ein erfahrener Coach kann dich dabei unterstützen, diese Fähigkeit zu entwickeln und in deinen Alltag zu integrieren. Der Lohn ist ein Leben mit mehr Klarheit, weniger unnötigem Drama und der Freiheit, selbst zu wählen, welchen Gedanken du deine Aufmerksamkeit schenken möchtest.
Denn am Ende ist es nicht das, was geschieht, das uns belastet, sondern das, was wir darüber denken.
