“Wie bei Expeditionen in die Wildnis, wo er Stürme und reißende Flüsse, eisige Kälte und Hagelschauer, Hunger und Durst ertragen muss, erinnert sich der Mensch auch im Leben letzten Endes an die positiven Dinge, nicht an die negativen.”
– Sigurd F. Olson
Vielleicht steckst du gerade mittendrin. In deiner ganz persönlichen Expedition. Der Sturm ist kein Hagelschauer, sondern ein Streit. Der reißende Fluss ist kein Wasser, sondern ein Berg von Rechnungen. Der Hunger ist die Sehnsucht nach einer Veränderung, die einfach nicht kommen will. Es fühlt sich unerträglich an, und du fragst dich, wie du das durchstehen sollst.
Und dann sagt Olson, dass du all das vergessen wirst. Nicht die Fakten, aber das Gefühl. Dein Gedächtnis ist ein gnädiger, aber auch gefährlicher Geschichtenerzähler. Es wird die schlaflosen Nächte und die zermürbende Angst herausfiltern und am Ende eine Heldengeschichte daraus machen. Du wirst dich an den Gipfel erinnern, nicht an den mühsamen, schmerzhaften Aufstieg.
Das ist ein tröstlicher Gedanke. Aber er ist auch eine Falle. Er verleitet uns dazu, in Situationen auszuharren, die wir eigentlich verlassen müssten. Wir ertragen den Sturm, weil wir unbewusst darauf vertrauen, dass unser zukünftiges Ich ihn schon zu einer Anekdote verklären wird. Wir nehmen den Schmerz in Kauf, weil die Erinnerung ihn später betäuben wird.
Welchen Preis zahlst du heute in der stillen Hoffnung, dass dein zukünftiges Ich die Rechnung schon vergessen haben wird?